Mobiles Lernen in der Schule

Ich durfte heute am 4. P@d Day des Landeszentrums für Pädagogik und Medien Saarland die Keynote zum Thema Mobiles Lernen in der Schule halten.

Hier vorweg meine Präsentation:

Mein Ausgangspunkt waren zwei kurze Statements als Eröffnung durch

  • Günter Scheffczk, Schulleiter des KBBZ Halberg, Saarbrücken
  • Dr. Burkhard Jellonnek, Leiter des Landesinstituts für Pädagogik und Medien (LPM), Saarbrücken.

Bei beiden schwang im Subton die notwendige Infrastruktur mit. Das ist ein zentraler Punkt, den ich auch in meine Keynote aufgenommen hatte: Mobiles Lernen oder vielmehr Lernen mit (Hilfe von) mobile devices – genauso wenig wie lernen digital sein kann, kann es mobil sein, aber das nur am Rande – wird seit Jahren im Horizon Report als kurzfristige Entwicklung angesprochen. Wenn es aber kein (Breitband-)Netz gibt, dann ist der Einsatz eingeschränkt. In diese Kerbe schlägt auch Jöran Muuß-Merholz (@JoeranDE), wenn er in einem Interview mit den Netzpiloten davon spricht, dass zur Zeit in Hinblick auf die Digitalisierung herumgewurstelt würde und es am Netz fehle. Auch Steckdosen zum Laden sind notwendig. Erst kürzlich erklärte mir ein Kollege schnippisch, dass er den Schülerinnen und Schülern als Aufgabe gäbe, das Smartphone zu laden, um es am nächsten Tag im Unterricht einzusetzen. Blöd nur, wenn der Unterricht in der zehnten Stunde ist, denn so manch Akku geht schon zu Mittag in die Knie.

Schon die JIM-Studie und die OÖ Jugend-Medien Studie – jeweils in der aktuellsten Auflage – zeigen, dass Schüler/innen grundsätzlich (aber nicht flächendeckend) über eigene Geräte verfügen. Die Sache ist nun aber die, sich auch drüber zu trauen, diese in den Unterricht zu integrieren, auch wenn etwas schief geht, weil die Technik nicht so ganz mag. Mit ihren eigenen Geräten sind aber die Schüler/innen meist vertraut – warum sie nicht in ihrer Expertise abholen und einfach machen lassen?

Quelle: Pixabay

Wenn man wie bei Thomas Vitzthum in der Welt liest: „Ob der Einsatz von Smartphones, Tablets, Laptops mit entsprechenden Lernprogrammen, elektronischen Tafeln und so weiter pädagogisch tatsächlich sinnvoll ist, darüber wird nicht mehr diskutiert.“ (Quelle) und man gleichzeitig den Alltag in den Schulen und vor allem den Hochschulen kennt, so erkennt man eine Diskrepanz. Es wird nach wie vor diskutiert. Mittlerweile kommt aber zum OB auch das WIE dazu. Entgegen der Annahme im Artikel löst das WIE das OB nicht ab – beide Punkte sind in den Köpfen der Lehrenden und der Entscheider/innen noch/schon fix verankert.

Was man dabei aber bedenken muss: Der Einsatz mobiler Geräte zum Lernen (oder digitaler Medien allgemein) garantiert für nichts: weder für einen irgendwie gearteten Lernerfolg, noch für mehr Motivation oder Ähnliches. Ich möchte hier Jöran Muuß-Merholz zitieren:

Wie das pädagogisch aussehen kann, wissen wir schon länger als es Digitalmedien gibt. Das Lernen anhand von Projekten oder an Real-World-Zusammenhängen steht im Vordergrund. Das Digitale aber sprengt plötzlich auf, worauf Schule bisher limitiert war. Man hat nicht nur das Schulbuch als Quelle, sondern das ganze WWW. Früher war es sehr aufwändig, einen Experten in die Schule einzuladen, heute ginge das unkompliziert per Skype. (Quelle)

Die Möglichkeiten verändern sich. Es kann aber nicht darum gehen, eine App-Schlacht zu schlagen, sondern das Vorhandene sinnvoll einzusetzen und die (neuen und/oder veränderten) Möglichkeiten wahrzunehmen. Individualisierung, Differenzierung und Kompetenzorientierung (wie auch von mir in der Keynote genannt) sind eigentlich auch nur schöne Buzzwords (siehe dazu auch die Darstellung des Grunddilemmas Individualisierung in einer Schulklasse). Ich muss mir dabei immer die Frage stellen: Wohin möchte ich eigentlich? Was sollen meine Schüler/innen mitnehmen aus dem Unterricht?

Für mich persönlich heißt das, die 4C (siehe dazu auch den schönen Beitrag Gestaltung zeitgemäßer Lernangebote: Zu berücksichtigende Faktoren von Tobias Rodemerk) zu verinnerlichen und im Sinne des Connectivism ein eigenes Netzwerk aufzubauen, in dem man zwischen sicheren und unsicheren Quellen ebenso unterscheiden kann wie zwischen relevanten und nicht relevanten Informationen oder vertrauenswürdigen und wenig (nicht) vertrauenswürdigen Quellen. Wir können nicht  mehr alles wissen, wir müssen aber wissen, wo wir suchen (und fündig werden) können. Man beachte, was sich in einer Minute im Netz so tut (inkl. Vergleich zu den Jahren davor).

Die Schüler*innen sollen zum eigenständigen Lernen ermutigt werden (Fehler inklusive), das sie auf Lifelong Learning-Prozesse vorbereitet. Lernen unter Einsatz von Kreativität und Kommunikationsfähigkeit, kollaborativ und kritisch denkend. Dazu gehört auch das Vermitteln von Strategien zum Lernen lernen (siehe zum Beispiel die Materialien hierzu auf Erwachsenenbildung.at und Schule.at), nicht immer alles vorzukauen (siehe hierzu Gail Moores Beitrag 7 Educational Transformations for Any Classroom), sondern die Lerner/innen entdeckend lernen zu lassen…

Als Sprachlehrerin seh ich mich genau dort: Computerprogramme werden als Übersetzungshilfen immer besser. DeepL ist das neue herausragende Beispiel (ich hab’s kreuz und quer probiert und find’s echt überraschend gut, wenn auch nur in sieben und nicht 103 Sprachen wie Google Translate). Was der Mensch leistet, ist das Finden kreativer Lösungen und das Anwenden von Verhandlungsstrategien unter Einsatz interkultureller und auch kommunikativer Kompetenz und die Empathie. Eine Sprache zu sprechen ist auch Verhandlungssache. Wir reagieren auf Fehler, gehen Missverständnisse ein und suchen nach Lösungen. Wir füllen keine Lückentexte aus oder beantworten Multiple-Choice-Fragen, wenngleich diese Formate zum Üben manchmal recht praktisch sind, aber das ist eine andere Geschichte. Vorsorglich ein paar Unterrichtsbausteinchen auch in der Präsentation, versteckt hinten QR Codes…